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Wir
erreichen den "carnivore square", die Stelle, wo das Sarvesvagge,
das Tal der Rentierbullen, nach Westen abzweigt. Dort sollen sich
die großen Fleischfresser des Sareks öfters ein Stelldichein
geben: Bär, Luchs, Vielfraß, Wolf. Spuren von Luchs und
Vielfraß können wir ausmachen.
Wir
stapfen beharrlich das baumlose Sarvesvagge hinauf. Weiße
Hochgebirgslandschaft umgibt uns. Walter erspäht im Hang einen
Vielfraß, der zügig durch's Geröll läuft.
Seit
Tagen schon strahlendes Himmelsblau. Die Gipfel ringsum tragen windgezupfte
Wolkenmützen. Wir lagern in der Nähe eines "Gulo-Klos",
also eines Geröllhügelchens, auf dem der ortsansässige
Vielfraß öfters sein Geschäft verrichtet. Und dann
ab halb acht: POLARLICHTER! Wir genießen bei Eiseskälte
ein unbeschreibliches Spektakel, mal in der Ferne über dem
Tal, mal direkt über uns und den gegenüberliegenden Bergflanken.
Wehende zarte Vorhänge und Bänder aus Licht - diese Beschreibung
trifft am besten zu. Doch die Schönheit eines Polarlichts vermögen
Worte nicht zu vermitteln. Hellgrün, manchmal auch rötlich
spielt der Sonnenstaub über uns. Gebannt saugen wir jede Sekunde
auf; Ehrfurcht erfüllt uns, wir sind so klein hier in dieser
menschenleeren weißen Wildnis.
Anderntags
geht es an Lemmingdörfern vorbei, mit Felsbrocken bestreuten
Hügeln, zwischen denen sich unzählige Spuren der Nager
wie große Spinnenfäden ziehen. Die Felsbrocken selbst
sind mit Flechten überzogen, in prächtigem Orange und
Grün.
Am 15. Tag weitet sich eine Ebene mit Rentier-Kral vor uns. Nach
Südwest ziehen wir in den Padjelanta-Nationalpark. Dann kippt
das Wetter: morgens -13, später nur -2°C, tiefe Wolken
und Wind aus Südwest. Wir erreichen Taraluoppal. Als wir noch
oberhalb der Hütten stehen, sehen wir seit Tagen wieder die
ersten Birken. Eine der Hütten ist offen, bewohnt wohl hauptsächlich
von Mäusen. Jedenfalls finden sich ihre Hinterlassenschaften
auf dem Boden, in den Betten, Küchenschränken und Töpfen.
Unabhängig davon ist die Hütte top und urgemütlich.
Bei Wind und Schneetreiben ziehen wir weiter. Motorschlitten überholen
uns, einer stoppt: Kurt, ein freundlicher alter Same. Fröhlich
gestikulieren wir. Ich bin von seinen großen knorrigen Händen
und den leuchtend blauen Augen fasziniert. Wir steigen bald zum
Tarreälv hinab, queren ihn und lagern in einem kleinen Birkenwäldchen.
Es friert nicht mehr, die ersten Mücken fliegen!
Zwei Tage später gelangen wir zum Tarajaure. Felswände
am linken Seeufer reflektieren das Gebrüll von Motorschlitten.
Irgendwann verlassen wir den Tarreälv, und der Weg führt
uns durch dichten Kiefernwald. Hier und da alte Gehöfte, daneben
neue Häuser, Temperaturen um die -5°C. Nach 22 Tagen und
knapp 200km erreichen wir wieder Kvikkjokk - und unser alter Diesel
springt sofort an. Wiedersehensfreude?
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